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Anforderungen an die Geltendmachung einer Rüge im Konzessionsvergabeverfahren

§§ 46, 47 Abs. 5 EnWG, § 19 GWB, § 253 Abs. 2 ZPO

1. Wird in einem Verfahren zur Vergabe eines Wegenutzungsvertrags für Energieversorgungsleitungen gem. §§ 46, 47 EnWG gerügt, dass die Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens verletzt seien, bildet im gerichtlichen Verfahren jede einzelne Rüge einen selbständigen prozessualen Streitgegenstand.

2. Der Verbotsantrag muss i. S. d. § 253 Abs. 2 ZPO so bestimmt gefasst sein, dass klar erkennbar ist, welche einzelnen Rechtsverletzungen Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens sind. Ausreichend sind Kurzbezeichnungen der Rügen, wenn sie den in den Schriftsätzen näher ausgeführten Rügen eindeutig zugeordnet werden können. Ungeeignet ist jedoch die pauschale Bezugnahme auf ein vorgerichtliches Rügeschreiben, wenn in diesem nicht nur konkrete Rügen erhoben, sondern auch bloße Stellungnahmen abgegeben und Fragen gestellt werden.

3. Die Rüge gem. § 47 EnWG muss eine konkrete Beanstandung enthalten. Für die Gemeinde muss erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Rüge konkret zugrunde gelegt wird und woraus die Rechtsverletzung abgeleitet wird. Es muss erkennbar sein, dass der Bieter hinsichtlich der Rechtsverletzung eine Abhilfe erwartet.

4. Zur Wahrung der Frist des § 47 Abs. 5 EnWG muss die Rüge unmissverständlich in die Antragsschrift aufgenommen werden.

5. Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens verstößt nicht gegen das Transparenzgebot.

6. Die Gemeinde hat einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Auswahl der Bewertungsmethode, solange diese nachvollziehbar und vertretbar ist, und hinsichtlich der Auswahl und Gewichtung der Vergabekriterien.

7. Zur Zulässigkeit einzelner Auswahlkriterien.

8. Das Kriterium des sicheren Netzbetriebs muss die Teilaspekte „Zuverlässigkeit der Versorgung“ und „Ungefährlichkeit des Betriebs der Verteilungsanlagen“ bewerten.

9. Zulässige Auswahlkriterien sind etwa

a. die Einhaltung eines Wertes über die Versorgungsunterbrechung (SAIDI-​Wert),
b. die Zusage eines prozentualen Verkabelungsgrades,
c. Prognosen über die Preisgünstigkeit zukünftiger Netznutzungsentgelte,
d. Endschaftsregelungen des Wegenutzungsvertrages, die einen Anspruch auf Übereignung der notwendigen Verteilungsanlagen vorsehen.

(Leitsätze des Gerichts)

OLG Stuttgart, Urt. v. 06.06.2019 – 2 U 218/18
vorgehend: LG Stuttgart, Urt. v. 27.09.2018 – 11 O 50/18

DOI: https://doi.org/10.37307/j.2194-5837.2019.06.10
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 2194-5837
Ausgabe / Jahr: 6 / 2019
Veröffentlicht: 2019-11-14
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