Das Nibelungenlied. Vorschläge zur Interpretation
In seinem “nicht in erster Linie für Fachleute [...], sondern für jedermann” geschriebenen neuen Buch über das ‘Nibelungenlied’ (2005) hat Joachim Heinzle eindringlich seine bereits vorher wiederholt ausgesprochene Warnung wiederholt, dem Dichter eine übergreifende und in sich schlüssige Bedeutungsintention zu unterstellen, und es für unmöglich erklärt, “ein für allemal den Sinn des Werks aufzudecken”. Doch das Publikum, ob Hörer oder Leser, braucht und gebraucht bei der Rezeption eines dichterischen Werkes nun einmal Deutungsperspektiven, die sein Verständnis anregen und lenken. Auch beim ‘Nibelungenlied’ gibt es dafür eine Reihe von Faktoren. Hier soll jetzt kein neuer spezieller Interpretationsansatz versucht werden. Der Beitrag will vielmehr – in Anknüpfung an die bisherige Forschungsdiskussion – in einem kurzen Durchgang einige für die Deutung wesentlich erscheinende Befunde herausstellen. Daß dabei die Sicht offen bleibt für mehrere verschiedene Aspekte, scheint vielleicht der Auffassung Heinzles entgegenzukommen. Aber ist es nicht ohnehin zweifelhaft, bei einem so umfangreichen und vielschichtigen Werk nach dem einen “Sinn” zu fragen? Was wäre denn zum Beispiel der “Sinn” von Wolframs ‘Parzival’ oder Shakespeares ‘Hamlet’ oder Goethes ‘Faust’? Gerade wenn man sich von einer solchen Verengung löst, kann die Herausforderung des ‘Nibelungenliedes’ zur Interpretation durchaus angenommen werden.
Seiten 292 - 300
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2009.02.05 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2009 |
Veröffentlicht: | 2009-12-30 |