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Die Geschäftschance – Eine neue Tendenz der verdeckten Gewinnausschüttung?

Auch wenn es nur um die Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers geht, die neuesten Entscheidungen des I. Senats des BFH sorgen immer wieder für „Bewegung“ auf dem Gebiet der verdeckten Gewinnausschüttung. Zwar modifiziert der I. Senat seine bisherige Rechtsprechung zur Aufteilung, stellt den Vergleich mit dem Gehalt eines leitenden Angestellten an und geht von dem Gebot der Einzelfallbetrachtung aus, doch belässt er es bei der von ihm in ständiger Rechtsprechung gegebenen Definition der verdeckten Gewinnausschüttung, dass dies Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen seien, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhten, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkten und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien.

Zeitlich zuvor ist nämlich der I. Senat des BFH davon ausgegangen, dass eine vGA auch darin bestehen könnte, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer Geschäftschancen, die der Kapitalgesellschaft gebühren würden, als Eigengeschäft wahrnehme oder Kenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art an sich ziehe
und für eigene Rechnung nutze; dafür sei nicht erforderlich, dass die betreffende Geschäftschance zum typischen Betätigungsfeld der Gesellschaft gehöre, sofern es sich um eine mehr oder weniger risikolose Einmalchance handle. Der I. Senat hat eine Geschäftschance aber auch dann angenommen, wenn ein fremder Dritter für die Überlassung der Geschäftschance ein Entgelt gezahlt hätte.

Hatte die Beraterseite mit dem seinerzeitigen Wettbewerbsverbot so ihre Probleme, so scheinen sich die Schwierigkeiten auf die Ebene der Geschäftschance zu verlagern. So hatte sich schon 1996 der I. Senat des BFH auf den Standpunkt gestellt, dass nach dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters darüber zu entscheiden sei, ob die GmbH die Geschäftschance selbst wahrnehmen müsse oder ob sie einen Subunternehmer (Gesellschafter) beauftragen dürfe, wenn eine GmbH auf Grund des Vertrages mit einem Dritten eine konkrete Geschäftschance hätte. Hoffmann hat die Geschäftschancenlehre als Weiterentwicklung oder Konkretisierung oder gar Aufhebung der Lehre vom Wettbewerbsverbot gesehen. Sie bedeutet jedoch für den steuerlichen Praktiker schlicht und einfach das Bestehen eines Wettbewerbsverbots.

Derzeit ist es bekanntlich so, dass die Banken eine sehr restriktive Kreditpolitik verfolgen. Sie drängen bei ausgereichten Krediten auf weitere – erhöhte – Sicherheiten bzw. auf Rückführung dieser Kredite. Will nun z. B. ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer, dessen GmbH ein Auktionshaus betreibt, dieser Bankenforderung nachkommen und eine private Sammlung mit erheblichem Umfang als Privatmann bei der nächsten Auktion seiner GmbH einliefern und den Erlös aus diesen Verkäufen der GmbH als Darlehen zur Verfügung stellen, so stellen sich für den Berater mehrere Fragen: Er denkt an das Wettbewerbsverbot, an die Geschäftschance, an das Selbstkontrahierungsverbot und daran, wie das hinzugebende Darlehen zu beurteilen ist. Diesen Fragen soll nachstehend nachgegangen werden.

Seiten 35 - 40

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-789X.2004.02.02
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-789X
Ausgabe / Jahr: 2 / 2004
Veröffentlicht: 2004-02-01
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