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Die Zauberflöte – ein “Aufklärungsmysterium”? Mozart, Voltaire und die Freimaurer

Den Anlass zum nachfolgenden Versuch, das Verhältnis Voltaires zu den Freimaurern zu klären, bot das Buch von Jan Assmann über Die Zauberflöte, Oper und Mysterium (München 2005). Es läuft im Wesentlichen auf eine Rekonstruktion der Vorstellungen vom alten Ägypten, wie sie zu Mozarts Zeiten in Wien im Schwange waren, hinaus, getreu dem Konzept einer “Gedächtnisgeschichte”, das wir dem Verfasser verdanken. Assmann bezieht, als Ägyptologe, verständlicherweise auch die ägyptischen Mysterien in seine Untersuchung ein, denen die Wiener Freimaurer ein großes, schon wissenschaftlich zu nennendes Interesse entgegenbrachten. Ohne dieses Interesse, oder auch diese “Faszination”, ist offensichtlich auch die Zauberflöte nicht zu verstehen, die, nach Assmann, das Projekt eines “Aufklärungsmysteriums” in die Tat umsetzt (289). Bei diesem Wort stockt man, wenn man sich daran gewöhnt hat, die Aufklärung als eine Ideenbewegung anzusehen, die von England ausging und im Frankreich der “Lumières”, für das Voltaire steht, ihre Fortsetzung oder Vollendung erfuhr. Natürlich weiß man, dass die Freimaurer sich einen guten Teil der Aufklärerideen zu Eigen gemacht hatten, dass ihnen die “Eintracht unter den Menschen” am Herzen lag, sie ein “aufgeklärtes Christentum” vertraten, die Konfessionsunterschiede relativierten und humanitäre Ziele verfolgten. Ich berufe mich hier auf den Abschnitt über die Freimaurer in Ulrich Im Hofs Buch Das gesellige Jahrhundert (München 1982, 163 ff.). Im Hof nennt die Freimaurerei sogar “eine Schule der Toleranz”, bezieht das aber im Wesentlichen auf deren Einebnung der Konfessionsunterschiede. Wenn in den englischen Logen, den ältesten der Freimaurer, Anglikaner, Dissidenten und Katholiken nebeneinander saßen, spricht das für die Richtigkeit seiner Beobachtung. Wenn allerdings auch Juden darin aufgenommen wurden, was nur selten vorkam, erhoben andere Freimaurer Protest. Und Frauen, das versteht sich, durften nirgendwo dazugehören. Am Feminismus der Aufklärung partizipierten die Freimaurer nicht. Dass die katholische Kirche schon 1738 ein erstes Verbot der Logen erließ, das 1751 erneuert wurde, spricht dann freilich wieder für eine gewisse Übereinstimmung der Logen mit den “Lumières”. Wir müssen das im Auge behalten, wenn wir nachher zu Voltaire übergehen. Vielleicht kann man die Freimaurerei als eine aufklärerische “Gegenkirche” bezeichnen, denn zumindest anfänglich spielen doch auch christliche Reminiszenzen darin eine große Rolle.

Seiten 323 - 330

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2007.02.09
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1866-5381
Ausgabe / Jahr: 2 / 2007
Veröffentlicht: 2007-10-01
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