Jochen Hafner: Ferdinand Brunot und die nationalphilologische Tradition der Sprachgeschichtsschreibung in Frankreich

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine im Rahmen des Forschungsprojekts “Nationalphilologische Traditionen der romanistischen Sprachgeschichtsschreibung – Aspekte der diskursiven Konstruktion nationaler Identität” entstandene Münchner Diss. Als Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte setzt sie sich zum Ziel, die Forschungslücke zu Brunot zu schließen (16, cf. 145 und 4. Umschlagseite: es gab bisher keine “Monographie zu Brunots Leben und Werk”). Dieses Ziel hat Vf. zweifellos erreicht. Brunot wurde international besonders durch seine monumentale Histoire de la langue française (H.L.F.) bekannt, die unter allen bis heute erschienenen Sprachgeschichten einzigartig ist: “es gibt für keine andere Sprache Gleichartiges” (Gauger/Oesterreicher/Windisch, zit. S. 20, ebenso Antoine, zit. S. 245). Vf. zeichnet den sozio-kulturellen Entstehungskontext, “die historische und gesellschaftliche Notwendigkeit” und den Status als discours fondateur nach (17). Historisch gesehen erweisen sich die französische Niederlage im Krieg von 1870/71 (“la rivalité avec l’Allemagne et l’exaltation de la République” Chevalier, zit. S. 211), die zunehmende Bedeutung der Sorbonne und die Bildungspolitik der III. Republik (1870–1940) als zentral, institutionell ist es der für Brunot geschaffene Lehrstuhl für französische Sprachgeschichte an der Sorbonne, den er von 1900 bis 1934 innehatte (24). Der Gelehrte, Politiker und Menschenrechtler Brunot wirkte prägend “sowohl für das wissenschaftliche als auch für das alltägliche Sprachbewußtsein der Franzosen” (18).

Seiten 213 - 215