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Moral und Moralisierung
Linguistische Zugänge zu einem diskursrelevanten Phänomen

In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit moralisierenden Sprachhandlungen, worunter wir diskursstrategische Verfahren verstehen, in denen die Beschreibung von Streitfragen und erforderlichen Handlungen mit moralischen Begriffen enggeführt werden. Auf moralische Werte verweisendes Vokabular (wie beispielsweise „Freiheit“, „Sicherheit“ oder „Glaubwürdigkeit“) wird dabei verwendet, um eine Forderung durchzusetzen, die auf diese Weise unhintergehbar erscheint und keiner weiteren Begründung oder Rechtfertigung bedarf. Im Fokus unserer Betrachtungen steht dementsprechend das aus pragma-linguistischer Sicht auffällige Phänomen einer spezifischen Redepraxis der Letztbegründung oder Unhintergehbarkeit, die wir als Pragmem auffassen und beschreiben. Hierfür skizzieren wir zunächst den in der linguistischen Pragmatik verorteten Zugang zu Praktiken der Moralisierung, betrachten sprachliche Formen des Moralisierens und deren kotextuellen und insbesondere pragma-syntaktischen Struktureinbettungen, um anschließend Hypothesen zu kontextuellen Wirkungsfunktionen aufzustellen. Darauf basierend leiten wir schließlich anhand von exemplarischen Korpusbelegen Strukturmuster des Moralisierens ab, die wir in dem Terminus „Pragmem“ verdichten und mittels qualitativer und quantitativer Analysen operationalisieren.

This article examines moralising language acts, by which we mean discourse-strategic procedures in which the description of issues and necessary actions is closely linked to moral terms. Words which refer to moral values (such as “freedom”, “security” or “credibility”) are used to assert a demand which is made to appear inevitable and requiring no further justification. Accordingly, the focus of our argument is the pragmalinguistically striking phenomenon of a specific rhetorical practice involving ultimate justification or inevitability, which we view and describe as a pragmeme. For this purpose, we first outline how practices of moralisation are located in linguistic pragmatics, then we consider linguistic forms of moralising and how they are embedded in contextual and especially in pragma-syntactic structures, in order to formulate hypotheses on their contextual functions. Finally, leading on from this, we use corpus examples to derive structural patterns of moralising, which we condense in the term “pragmeme” and which we operationalise using qualitative and quantitative analyses.

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-775X.2023.01.04
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-775X
Ausgabe / Jahr: 1 / 2023
Veröffentlicht: 2023-03-10
Dokument Moral und Moralisierung