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Rationierung von Leistungen durch Modifizierung von Abrechnungsregeln

Das Bundessozialgericht fordert in Entscheidungen zur Abrechenbarkeit von Krankenhausleistungen (nach dem DRG-System, OPS 8-550.1 – geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung) als zusätzliche Voraussetzung ein Lebensalter von 70 oder 60 Jahren. Zur Abgrenzung zu „verwandten“ Leistungsgruppen ist ein solches zusätzliches Merkmal überflüssig. Bemerkenswert sind die Auswirkungen dieser Ergänzung des geschriebenen und vereinbarten Rechts auf den Anspruch auf Krankenhausleistungen nach dem SGB V. Im Verhältnis von DRG-Regeln zur Ausgestaltung eines OPS hinsichtlich typischer stationär erbrachter Leistungen zu dem diesbezüglichen materiell-rechtlichen Anspruch gilt der Vorrang des materiellen Rechts vor dem Abrechnungswesen. Die Regeln zur Krankenversorgung müssen als inhaltlich homogen und widerspruchsfrei verstanden werden. Diese Rechtsprechung des BSG führt zu einer richterrechtlichen Rationierung von Krankenhausleistungen. Auch aus der tatsächlichen Sicht des klinischen Behandlungsgeschehens muss mit diesem Effekt gerechnet werden. Das BSG übersieht zudem wesentliche grundsätzliche Anliegen des SGB V (Humanität, Qualitätssicherung, Wirtschaftlichkeit, Prävention, Rehabilitation). Außerdem wird aus Sicht des Art. 3 Abs. 1 GG eine Ungleichbehandlung „vor dem Gesetz“ bewirkt, die auch nicht durch Gesichtspunkte des „Willkürverbots“ gerechtfertigt werden kann. Schließlich ergibt sich die Unzuständigkeit des Gerichts zu derartigen normativ orientierten Änderungen der Rechtslage aus den Grundsätzen der „Wesentlichkeitslehre“ des BVerfG.

DOI: https://doi.org/10.37307/j.2193-5661.2022.02.03
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 2193-5661
Ausgabe / Jahr: 2 / 2022
Veröffentlicht: 2022-04-08
Dokument Rationierung von Leistungen durch Modifizierung von Abrechnungsregeln