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Unreliable narration und suspicious reading. Zur Episierung der Psychoanalyse bei Svevo und Moravia

Italo Svevos Roman La coscienza di Zeno (1923) gilt u.a. aufgrund seiner innovativen epischen Verarbeitung der Psychoanalyse als einer der ersten Romane der Moderne in italienischer Sprache. Man übersieht bei dieser Etikettierung leicht, dass die Wurzeln Svevos, der 1861 in Triest geboren wurde, ebenso sehr im 19. Jahrhunderts liegen wie diejenigen seiner Hauptfigur Zeno Cosini. Zeno repräsentiert einen bürgerlichen Müßiggänger, der wegen seiner Unfähigkeit zu konzentrierter Arbeit von seinem Vater ökonomisch praktisch entmündigt wurde. Sein Vermögen wird von einem Verwalter bewirtschaftet, dessen Erträge Zeno ein finanziell sorgenfreies Leben bescheren. Das bürgerliche Lebenskonzept orientiert sich laut Zeno an der kometenhaften Karriere des jungen Napoleon (685) , und obwohl der willensschwache Zeno weit davon entfernt ist, frönt er dem Gedanken, eine “grandezza latente” (633) zu besitzen. Sein Leben in Illusionen, sein Dilettantismus in allen Dingen und seine geringe physische Lebensenergie, die u.a. in seinem frühen Haarverlust zum Ausdruck kommt, deuten an, dass seine Ahnen in der Literatur der Décadence und des Symbolismus der 1880er Jahre zu suchen sind. Dieses Erbe endet im Roman mit dem Ersten Weltkrieg, als der schon gealterte Zeno im schwer betroffenen Triest sich selbst helfen muss und ähnlich wie Hans Castorp aus Thomas Manns Zauberberg seine Lethargie überwindet.

Seiten 108 - 124

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2010.01.07
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1866-5381
Ausgabe / Jahr: 1 / 2010
Veröffentlicht: 2010-04-22
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Dokument Unreliable narration und suspicious reading. Zur Episierung der Psychoanalyse bei Svevo und Moravia