• Schreiben Sie uns!
  • Seite empfehlen
  • Druckansicht

Verfassungsmäßigkeit des Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern

Art. 3 Abs 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20a, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG, §§ 6, 36g Abs. 3, 36g Abs. 5 EEG 2014 v. 16.07.2021, §§ 3, 4, 6 WindPBüGemBG MV

1. D1. Gesetzliche Pflichten zu einer bestimmten rechtsgeschäftlichen Nutzung bereits bestehender Rechtsformen und Gestaltungsmöglichkeiten des Gesellschaftsrechts schaffen selbst kein zum „Recht der Wirtschaft“ i. S. d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gehörendes Gesellschaftsrecht, sondern sind kompetenzrechtlich entsprechend dem Zweck der Pflichten einzuordnen.

2. Von den Betreibern von Windenergieanlagen an die Standortgemeinden zu zahlende Abgaben, die nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung dem gemeinwohldienlichen Ausbau der Windenergie an Land dienen, indem die Mittel aus der Abgabe zur Verbesserung der Akzeptanz neuer Anlagen bei den Einwohnern der Gemeinde verwendet werden, unterfallen als nichtsteuerliche Abgaben den Sachgesetzgebungskompetenzen.

3. Der Ausbau Erneuerbarer Energien dient dem Klimaschutzziel des Art. 20a GG und dem Schutz von Grundrechten vor den Gefahren des Klimawandels, weil mit dem dadurch CO2-emissionsfrei erzeugten Strom der Verbrauch fossiler Energieträger zur Stromgewinnung und in anderen Sektoren wie etwa Verkehr, Industrie und Gebäude verringert werden kann. Der Ausbau Erneuerbarer Energien dient zugleich dem Gemeinwohlziel der Sicherung der Stromversorgung, weil er zur Deckung des infolge des Klimaschutzziels entstehenden Bedarfs an emissionsfrei erzeugtem Strom beiträgt und überdies die Abhängigkeit von Energieimporten verringert.

4. Der für die Abwägung mit gegenläufigen grundrechtlich geschützten Interessen maßgeblichen Bedeutung einzelner Maßnahmen zum Ausbau Erneuerbarer Energien für den Klimaschutz und den Schutz der Grundrechte vor den Gefahren des Klimawandels kann nicht entgegengehalten werden, dass die einzelne Maßnahme für sich genommen im Vergleich zur global emittierten Gesamtmenge von CO2 geringfügig ist. Deren Bedeutung für den Klimaschutz und den Schutz der Grundrechte vor den Gefahren des Klimawandels sowie für die Sicherung der Stromversorgung hängt bei Maßnahmen der Länder oder Kommunen, insbesondere denen mit Pilotcharakter, auch von der Strommenge ab, die durch gleichartige Maßnahmen anderer Länder oder Gemeinden erzielt wird oder erzielt werden kann.

BVerfG, Beschl. v. 23.03.2022 – 1 BvR 1187/17

DOI: https://doi.org/10.37307/j.2194-5837.2022.04.11
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 2194-5837
Ausgabe / Jahr: 4 / 2022
Veröffentlicht: 2022-07-19
Dokument Verfassungsmäßigkeit des Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern