Inhalt der Ausgabe 03/2016
Inhalt
Aufsätze
Seit Heinrich von Veldeke wird die Verschleierung, gar das Verstecken der Quelle von den mittelhochdeutschen Epikern praktiziert – Zeichen von dichterischem Selbstbewusstsein. Die Untersuchung der Quellenberufungen wirft neues Licht auf das Kyot-Problem, wodurch eine kritische Auseinandersetzung mit der Forschung initiiert wird. Als deren Ergebnis steht die Anerkennung einer denkbaren realen Kyot-Quelle – mit Auswirkung wohl auch auf Wolframs poetologisches Konzept.
Die Visionsnarrative Gertruds von Helfta gelten als niedergeschriebene Gleichnisse für Unbegreifliches. Auf der Literalebene werden indes vorsichtige oder eindringliche Berührungen des glorifizierten Christuskörpers durch Schrift thematisiert. Dazu dienen die Materialität der Schrift oder kostbare Entsprechungen, die aus der Schrift hervorgehen. Anhand unterschiedlicher Entwürfe und oft im brautmystischen Kontext entfaltet sich ein Nachdenken über Zeichen, Formen der Berührung und Konfigurationen von Nähe und Distanz, das in diesem Aufsatz auch mit Blick auf die Materialität des ersten deutschen Drucks rekonstruiert wird.
Der Beitrag analysiert das Raumbewusstsein, das in Nikolaus’ von Jeroschin „Kronike von Pruzinlant“ erkennbar wird, sowie die spezifische Verfasstheit von Räumen im Text und geht der Frage nach, welchen Einfluss das Thema ‚Krieg‘ auf deren Darstellung hatte. Es soll gezeigt werden, dass die erzähltechnische Perspektivierung und Sakralisierung des literarisierten Raums ‚Preußen‘ darauf abzielt, das realhistorische Gebiet ‚Preußen‘ als Amalgam aus Kriegs- und Heiligem Land identifizierbar werden zu lassen.
Die Bewohner der ehemaligen Sprachinsel Gottschee leben in der Diaspora. Vorliegender Beitrag untersucht die Bewahrung des velarisierten Laterales als Ausdruck der Sprachinselmentalität bei den letzten Gottscheern in der Steiermark und Kärnten. In dem Zusammenhang wird die Etablierung einer „dislozierten Sprachinselforschung“ für zukünftige Forschungsvorhaben vorgeschlagen.
Früher war es eine allgemein verbreitete Annahme, dass die große Überlieferungsvariabilität, von der mehrere Minnesangdichter betroffen waren, von den Dichtern selbst verursacht war. Die Annahme war, dass ein Dichter verschiedene Fassungen desselben Lieds geschaffen hatte, je nach Gelegenheit und Publikum.
Tagungsberichte
Buchbesprechungen
Simone Mengis’ Basler Dissertation von 2006, die jetzt in der Reihe Scrinium Friburgense erschienen ist, lässt sich einer Reihe von neueren Forschungsarbeiten an die Seite stellen, die dem Phänomen der Schriftkultur und Textproduktion spätmittelalterlicher religiöser Frauengemeinschaften im Rahmen übergreifender kulturwissenschaftlicher Fragestellungen in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt haben.
Die Georgslegende Reinbots von Durne zählt zu den bedeutendsten Legendendichtungen des 13. Jahrhunderts und ist mit einer Länge von über 6000 Versen in eine Reihe mit weiteren ‚Legendenromanen‘ zu stellen, welche die hagiographische Literatur dieses Jahrunderts gerade im mhd. Sprachraum geprägt haben.
Historische Fallstudien zum komplexen Zusammenspiel von Liturgie und Literatur sind immer noch Ausnahmen – umso gewichtiger sind die hier zu Hans Unterreitmeiers 70. Geburtstag gesammelten 13 Aufsätze. Die Einleitung von Herberichs, Kössinger und Seidl bietet eine ebenso knappe wie präzise Annäherung an die Leitbegriffe und einen informativen Überblick über die Beiträge und die Forschungsliteratur.
Noch ein „Ring“: Der wichtigste Unterschied zwischen Werner Röckes Ausgabe und ihren Vorgängern – nicht schon seit Bechstein, aber seit Wießner – ist eine Transkription der einzigen Handschrift (Cgm 9300). Im dreispaltigen Spiegel jeder Doppelseite steht die Transkription links neben einem Abdruck von Wießners kritischem Text und einer Prosaübersetzung rechts davon.
Die mittelhochdeutsche Minnedichtung wurde seit Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und interpretiert. Wir kennen den Minnesang als poésie formelle, als Rollenlyrik, als höfisches Zeremonialhandeln, als pararituelle Handlung, als Erlebnisund Bekenntnislyrik, als Posenrhetorik oder als dem modernen Pop und Rock vergleichbare Kunstgattung des vorgetragenen Liedes – um nur einige Betrachtungsweisen zu nennen.
Der Band enthält 22 Aufsätze, die sechs größeren Rubriken zugeordnet werden: 1. Lateinische und volkssprachliche Enzyklopädik im Vorfeld Konrads; 2. Logiken des Wissens, Medien der Wissensvermittlung; 3. Naturkunde; 4. Kosmologie; 5. Recht; 6. Geschichte. Den größten Raum mit neun Beiträgen nimmt die Rubrik ‚Naturkunde‘ ein. Konrads von Megenberg volkssprachliches Hauptwerk, das „Buch der Natur“, steht im Mittelpunkt des Sammelbandes, die meisten Beiträge nehmen darauf Bezug.
Der Band umfasst acht Beiträge der Tagung zum Projekt „Ortsnamen zwischen Rhein und Elbe – Onomastik im europäischen Raum“ vom 18. bis 20. September 2008 in Göttingen. Auf diesem Symposion wurden in verschiedenen Vorträgen das Projekt und erste Forschungsergebnisse vorgestellt sowie seine europäischen Bezüge aufgezeigt. Gemeinsam ist allen Aufsätzen die Hinwendung zu den appellativischen Grundlagen der vorgestellten Toponyme. Die Beiträge aus dem Forschungskontext des Projekts thematisieren ausgewählte Phänomene der und Beobachtungen zur Toponymie Niedersachsens und Westfalens.
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