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Zum Spannungsverhältnis von Determinismus und Bildungsideal in Balzacs Illusions perdues

In seiner komparatistischen Studie Il Romanzo di Formazione verweist Moretti (1986) auf die mit Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre erfolgte Geburt eines neuen Romantypus, der ihm zufolge die europäische Narrativik des 19. Jahrhunderts beherrsche: “È nato il Bildungsroman: la forma che domina – o, più esattamente, rende possibile – il secolo d’oro della narrativa occidentale”. Zwar differenziert er im Folgenden zwischen dem eigentlichen Bildungsroman und dem “romanzo di formazione” (Unterscheidungskriterium sei die dem Bildungsroman inhärente “retorica teleologica” im Gegensatz zur prinzipiellen Offenheit des Ausgangs der “romanzi di formazione”) doch ist er der Ansicht, dass es sich um letztlich eine Gattung handele, beispielhaft vertreten von einem Roman: “Wilhelm Meister. E dopo di lui, Elizabeth Bennett et Julien Sorel, Rastignac e Frédéric Moreau e Bel-Ami, Waverley e David Copperfield […]”. Als größte Gemeinsamkeit dieser zugegebenermaßen heterogenen Texte stellt er die Semantisierung des Lebensabschnitts der Jugend heraus, die er als kennzeichnend für die Epoche der Moderne betrachtet, was im Rahmen der Studie aus soziologischer Perspektive überzeugend entwickelt wird. Während Morettis These für die deutschsprachige Narrativik hinsichtlich eines Zeitraums, der sich etwa von der Veröffentlichung von Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre bis zum 1. Weltkrieg erstreckt, nahezu ungeteilte Zustimmung er war ten kann, dürfte sie im Hinblick auf Frankreich vor allem seitens der deutschen Romanistik wahrscheinlich mit Widerspruch rechnen.

Seiten 86 - 106

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2011.01.06
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1866-5381
Ausgabe / Jahr: 1 / 2011
Veröffentlicht: 2011-06-30
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